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Beachplayer 6. - 10. Juli 2022
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erst flop, dann top

(Vorwort aus dem Jubiläumsbuch: 20 Jahre Gstaader Beachgeschichten, Mägi Kunz-Schläfli)

Zugegebenermassen war die Idee, in den 1990er-Jahren ein Beachvolleyballturnier in den Bergen durchzuführen schon ein bisschen verrückt. Damals war Beachvolleyball in der Schweiz eine noch recht unbekannte Disziplin. Die später international bekannten Laciga-Brothers oder das Team Heuscher-Kobel standen erst am Anfang ihrer Karriere. Es war die Zeit, als man bei den Sportanlagen in Agglomerationsnähe begann, permanente Beachvolleyballfelder aufzubauen.

In den Bergen aber war der Sandsport noch alles andere als bekannt. Trotzdem hatte sich die Idee in ein paar Gstaader Köpfen festgesetzt und kurzerhand wurde der Verein Beach-Volleyball Gstaad aus der Taufe gehoben. Auch das Datum für das erste Turnier stand fest. Es sollte vom 20. bis 23. Juli 1995 stattfinden. Über die Details der geplanten Veranstaltung gab Roland Hofmann im Interview vom 23. September 1994 gegenüber dem «Anzeiger von Saanen» Auskunft. Dieser erste Versuch scheiterte schliesslich wegen den fehlenden Finanzen und Ressourcen.
 

Man gab aber nicht so schnell auf, sondern glaubte weiterhin an den Strandsport in den Bergen. Am 23. September 1999 lud Ruedi Kunz zu einer Sitzung ein, um einen zweiten Versuch zu starten. An dieser Sitzung wurden Nägel mit Köpfen gemacht, denn danach ging es Schlag auf Schlag.
Bereits am 1. November 1999 wurde die Sport Events Gstaad GmbH ins Leben gerufen. Diese wollte die Infrastrukturen vom geschichtsträchtigen Tennisturnier in Gstaad ein zweites Mal nutzen, indem sie ein Beachvolleyballturnier der höchsten Klasse durchführte. Von dieser Idee bis zur ersten Durchführung gab es jedoch noch einige Stolpersteine zu umgehen.
 

Zuerst aber das Positive: Der internationale Volleyballverband FIVB bestätigte seine Zusage zum Turnier und somit wurde es in den Turnierkalender des Jahres 2000 eingetragen. Die Verträge mit der Gemeinde, den TV-Stationen oder auch mit diversen Sponsoren konnten so kurzfristig aber nicht abgeschlossen werden. Damit der zweite Anlauf nicht noch einmal des lieben Geldes wegen scheiterte, verkaufte Ruedi Kunz kurzerhand seine IT-Firma und sicherte somit einen Teil der Finanzierung.

Danach galt es, aktiv auf interessante Sponsoren zuzugehen. Das Dossier landete bei der SUVA auf dem richtigen Schreibtisch: Mägi Schläfli. Dank ihr konnte das Beach seit der ersten Austragung auf den verlässlichen Partner SUVA zählen. Zu erwähnen gilt, dass Mägi Schläfli heute Mägi Kunz-Schläfli heisst und sich gemeinsam mit Ruedi Kunz über zwei inzwischen fast erwachsene Kinder freuen kann.
 

Noch immer befinden wir uns aber in der Gründungszeit des Beachvolleyballturniers in Gstaad. Schon früh reservierte das Beach eine Internetadresse, mietete ein Postfach und eröffnete die Geschäftsstelle. Dem folgenden Auszug aus dem Bericht eines Gründungsmitgliedes ist zu entnehmen, dass auch die Durchführung des Turniers im Jahr 2000 an einem seidenen Faden hing:

«Nach dem ersten Anlauf 1995 ein Turnier durchzuführen präsentierte sich die Situation Ende Februar 2000 ähnlich wie im Dezember 1994. Sponsorenverträge waren noch keine abgeschlossen und eine TV-Präsenz konnte nicht garantiert werden. An einer bereits sehr kritisch verlaufenen OK-Sitzung am 19. Januar wurden 3 Deadlines gesetzt. Am 28. Februar waren 2 der 3 Deadlines verstrichen und die entsprechenden Inhalte nicht erfüllt. Da im Ressort Bau mit der Bestellung des Sandes und der Erteilung von Aufträgen an Dritte namhafte Ausgabenposten anstanden, war ich – im Wissen, dass kein Geld vorhanden ist - nicht bereit meine Arbeit im OK und als Verantwortlicher für das Ressort Bau weiterzuführen. Die Aufbauarbeit und das vorhandene Wissen sollten aber uneingeschränkt zur Verfügung stehen.»

Es war Ende Februar 2000. Bis zur Durchführung des ersten Beachvolleyballturniers in Gstaad blieb noch genau vier Monate lang Zeit. Da Volleyball ein Teil der Präventionskampagne «Dänk a Glänk» war, sagte die Suva eine Unterstützung des Anlasses zu. Die Auflage des Versicherungskonzerns war aber, dass die geplante Kampagne am Beach und auch während des nachfolgenden Tennisturniers lanciert werden konnte. Ich packte in Luzern also meine Unterlagen und machte mich auf den Weg nach Gstaad, um einen Augenschein vor Ort zu nehmen.

Ich erinnere mich an diese Fahrt, als wäre sie erst gestern gewesen. In Schönried legte ich auf dem Parkplatz vom Hotel Kernen einen Halt ein und vergewisserte mich auf der Strassenkarte, ob ich noch auf der richtigen Route bin. Noch immer hatte ich die lange Fahrt durch das Simmental in den Knochen und ich konnte mir unmöglich vorstellen, wie man so abgelegen wohnen kann. In Gstaad angekommen, führte mich Ruedi Kunz durch die Räumlichkeiten des Beachbüros und zeigte mir das Eisbahnareal, wo das Beach im darauffolgenden Sommer stattfinden sollte. Weil noch meterhoch Schnee lag, konnte ich mir im ersten Moment beim besten Willen nicht vorstellen, wie das Areal nur ein paar Monate später zum Beachmekka werden sollte. Es brauchte also meine ganze Vorstellungskraft, und nicht einmal die reichte vollends aus, um mir ein Bild des Anlasses zu machen. Die Location konnte mich im ersten Moment durch die gegebenen Umstände nicht unbedingt überzeugen. Es waren vielmehr die hilfsbereiten und engagierten Menschen, die hinter dem Turnier standen, welche mich begeisterten. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass diese tollen Menschen aus dem Saanenland jedoch keine Ahnung vom Beachvolleyballsport an und für sich hatten – dort aber konnte ich Hand bieten: Wegen einer Verletzung musste ich meine aktive Karriere im Beachvolleyball kurze Zeit vor meinem Besuch in Gstaad an den Nagel hängen. Weil offensichtlich war, dass das OK sich über meine Unterstützung freute, beschloss ich kurzerhand, wenigstens in helfender Funktion einem professionellen Anlass zur Seite zu stehen. Ich stellte mich dieser Herausforderung gerne und reiste fortan jedes freie Wochenende nach Gstaad, um mit den zwei innert Kürze angestellten Administratorinnen und einer Handvoll OK-Mitgliedern unter der Leitung von Ruedi Kunz die erste Beachworldtour für Frauen zu organisieren.
 

Das rund 350 Seiten starke Handbook vom FIVB war ab sofort unsere Tages-und Nachtlektüre. Es begleitete uns durch manche Nachtschicht im geliebten Beachhüsi an der Lauenenstrasse. Nicht nur wir waren vom Beach-Fieber gepackt, wir steckten auch gleich all unsere Freunde, Bekannten und entfernten Verwandten aus nah und fern an. Wir boten sie auf, uns in irgendeiner Form im Vorfeld oder während des Turniers zu helfen. Im ersten Jahr hatten wir durch die Kurzfristigkeit des Anlasses so wenige Helfer, dass

wir sogar auf die Zuschauer zugingen. Erkannten wir ein uns bekanntes Gesicht in der Zuschauermenge, holten wir diesen kurzerhand von der Tribüne. Das geschah immer dann, wenn sich in irgendeinem Departement ein personeller Engpass abzeichnete. Unverhofft standen unsere Kollegen plötzlich als Linienrichter auf dem Feld, als Verkäufer hinter einem Foodstand oder mit einem Knopf im Ohr bei der Aufgangskontrolle der Tribüneneingänge. Selbst die Sponsoren waren vor einem Helfereinsatz nicht gefeit.

Da wir im ersten Jahr auf dem Eisbahnareal auf zwei Courts vor der Holztribüne spielten, mussten wir den Center Court für das Finale in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu einem einzelnen Court umgestalten. Jeder noch so berühmte Gast fasste beim Verlassen des Sponsorenabends eine Schaufel und half bei der Umgestaltung der Courts mit. Das war der Anfang einer einzigartigen Beachvolleyball-Gemeinschaft, die nach dem Motto «one team – one spirit» lebt. Daraus sind viele Freundschaften sowie treue Helfer und OK-Mitglieder entstanden, das wichtigste Hab und Gut des Turniers. Dieser Spirit hat mich beeindruckt und tief berührt und er ist es, der das ganze OK bis heute anspornt, jährlich ein perfektes Turnier auf die Beine zu stellen. Wegen der Schaufelaktion am ersten Beachturnier kann man sich vorstellen, wieso wir unsere Praktikanten beim Einstellungsgespräch mit einem Augenzwinkern fragen: «Kannst du schaufeln?».

Natürlich gab es in den Anfangsjahren auch kritische Stimmen von Leuten, die sich ein Beachvolleyballturnier in den Bergen nicht vorstellen konnten. Viele Einheimische blieben damals skeptisch. Nicht nur das, der Sand, der eigens vom Ausland nach Gstaad transportiert worden war, war äusserst begehrt. Wir konnten während des ersten Turniers oft beobachten, wie nach dem Eindunkeln einheimische Personen mit einem Suzuki 4x4 auf den Wispile-Parkplatz fuhren, wo damals die Side-Courts aufgebaut waren. Sie stiegen aus, und befühlten ihn. Manche von ihnen waren so dreist, mitgebrachte Plastikkessel und ähnliches mit Sand zu füllen und diese ganz leise nach Hause zu transportieren. Auffallend viele Sandkästen in den Gärten der schmucken Chalets waren nach dem Turnier bis zum Rand mit echtem Meersand aus Frankreich gefüllt. Die Skepsis der Einheimischen ist aber schon bald in Begeisterung umgeschlagen. Sie helfen heute als OK-Mitglieder, als Helfer und Partner jedes Jahr mit, einen erfolgreichen Anlass zu organisieren.


Auch für die Spielerinnen und Spieler war es anfangs eine Herausforderung in den Bergen zu spielen, denn das war ungewohnt. Das Meer fehlte und die zum Teil frischen Morgentemperaturen überraschten.
Am meisten Eindruck macht ihnen bis heute die familiäre Atmosphäre in einem überschaubaren, hübschen Ort mit Geranien auf den Balkonen. Fast alles ist in Gehdistanz erreichbar. Besonders, dass die Spielerinnen und Spieler vom Hotel zu den Courts spazieren können, machte es für sie zu einem ganz speziellen Turnier. Deshalb wurde das Gstaad Major für viele Spielerinnen und Spieler in den letzten 20 Jahren zum Lieblingsturnier auf der Tour. Sie sind so fasziniert, dass sie manchmal mit der ganzen Familien anreisen.

Ich frage mich noch heute, welche Gedanken der brasilianischen Olympiamedaillen-Gewinnerin von 1996 durch den Kopf gingen, als sie 2000 am Finalsonntag die frisch verschneiten Berge sah. Wir konnten es nur erahnen, als sie auf ein wärmendes Fussbad in der Timeout-Area bestand. Leider war im Handbook keine Klausel über ein Fussbad, weshalb wir keine geeigneten Becken zur Hand hatten. Deshalb wurde ziemlich spontan entschieden, den Abfallkübel vom Infohäuschen zu verwenden. Dass die Helferinnen vom Infohäuschen tags zuvor mit feinen Kirschen aus dem Baselbiet verwöhnt worden waren, merkten wir erst, als die ausgekühlte Spielerin ihre Füsse bereits im warmen, wohligen und purpurroten «Kirschstein-Fussbad» aufwärmte. Zum Glück übernahm die Sonne die Wärmefunktion schon bald wieder selbst und heizte nicht nur den Sand auf, sondern auch die Spielerfüsse sowie die Herzen der Zuschauer, des OKs und der Helfer.

Selbst die ganz Kleinen hatten ihre Freude am überdimensionalen Sandkasten und nutzten ihn unaufgefordert aus, um Löcher in den Sand zu buddeln oder Sandburgen zu bauen.
Einzig dem Schiedsrichter behagte es nicht mehr, als er bemerkte, dass das kleinste Ballgirl des Turniers mit seinen sechs Jahren das grosse Loch hinter seinem Stuhl grub und einige Purzelbäume schlug statt die Bälle weiterzugeben. An der Schlussbesprechung hielt er die Kritik nicht zurück und forderte, dass wir es ab dem nächstem Jahr mit etwas älteren

Ballkids versuchen sollten.

An diesem allerersten Turnier gab es einen Umzug durch die Gstaader Promenade. Für alle Spielerteams, welche auf der Tour waren, war es eine Premiere, in Begleitung von «Saanen-Gibeni» und dem Kinderjodlerchörli durch das Dorf zu ziehen.
Ebenfalls Premiere feierten die heute nicht mehr wegzudenkenden und begehrten Kuhglocken, welche für die Spielerinnen und Spieler als würdigen Ersatz für die sonst üblichen Pokale gelten. Das ganze OK, die Helfer, die Partner und die Gemeinde waren überglücklich und stolz auf das erste, mit viel Herzblut auf die Beine gestellte Turnier.

Weil es heisst, «Nach dem Turnier ist vor dem Turnier», wurden bereits kurze Zeit später die Vorbereitungen für die nächste Austragung in Angriff genommen. Dass wir dieses Jahr bereits das zwanzigste Turnier durchführen dürfen ist vor allem unserem Turnierdirektor und meinem Mann Ruedi Kunz zu verdanken. Er hat jede Minute an das Turnier geglaubt, nie aufgegeben, viel Herzblut investiert, sich gegen alle Wiederstände gestellt und jeden Stein – manchmal waren es Felsbrocken – versucht aus dem Weg zu räumen. Er hat zu jeder Zeit einen unglaublichen Optimismus an den Tag gelegt, war Motivator, Kämpfer und Visionär zugleich und hat als Krönung die WM 2007 nach Gstaad geholt. Was Ruedi Kunz zusammen mit seinem Beach-OK und vielen Helfern aus einem anfänglich kleinen aber feinen Damenturnier erreicht hat, können Sie den nächsten Seiten entnehmen. Schmunzeln und Staunen sind erlaubt.

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